Black Tiger, der «Brücken-Baur»: Anerkennungspreis für 25 Jahre Rap
Der dritte, mit 5 000 CHF dotierte Anerkennungspreis ist im Rahmen des Basler Pop-Preis dem Basler Rapper, Beat-Produzenten und HipHop-Aktivisten Black Tiger verliehen worden.
Chrigel Fisch
Der 44-jährige Urs Baur, wie Black Tiger bürgerlich heisst, hat gerade erst (29.10.16) in der Kaserne Basel sein 25-Jahre-Bühnenjubiläum* gefeiert und mit seinen langjährigen Mitstreitern und gegen 1 000 HipHop-Fans eine mehrstündige Reise durch das eigene Schaffen zelebriert.
25 Jahre Basler und Schweizer Rap-Geschichte
Black Tiger, das ist einerseits die Integrationsfigur und Dreh- und Angelpunkt der Basler HipHop-Szene schlechthin: Unvergessen sind seine Mammut-Live-Projekte wie «It’s A Family Affair» (Kaserne Basel, 1999; Jugendkulturfestival Basel, 2003) oder «1 City 1 Song» (Kaserne Basel, 2012; Jugendkulturfestival Basel, 2013.
Gerade «1 City 1 Song» mit seinen 147 Protagonisten auf der Bühne und im 83-minütigen Videoclip ist ein Meilenstein der Musikgeschichte; genauso wie der allererste Mundart-Rap «Murder By Dialect», den die Basler Crew P-27 im Jahr 1991 zusammen mit Black Tiger aufgenommen und 1992 auf Vinyl gebannt und auf die Schweizer Musikszene losgelassen hatte. Mit bahnbrechendem Ergebnis.
Basel ohne Black Tiger?
Seit 1987 schreibt Black Tiger eigene Texte auf Mundart, seit 1991 ist er live auf Bühne zuhause, und seit 1997 produziert und komponiert er seine Musik vorwiegend selbst (nebenbei arbeitete er auch als Musikredaktor, Schauspieler, Workshop-Leiter, DJ, Produzent und vieles mehr). Schwer zu sagen, wie die berühmte und manchmal auch berüchtigte Basler HipHop-Szene ohne Black Tiger all die Jahre ausgesehen hätte und heute aussehen würde.
Schwer zu sagen, was das Wort «Unity» in der HipHop-Szene ohne den unermüdlichen «Brücken-Baur» Black Tiger wert wäre. Denn er hat es, wie kein anderer, immer wieder geschafft, die unterschiedlichsten Nationen, kulturellen Hintergründe, Sprachen, Generationen, Crews, Hoods und Gesinnungen in der Basler HipHop-Szene auf einer Bühne zu versammeln. Energiegeladene Vielfalt statt mainstreamtaugliche Einförmigkeit, und ein Gemeinschaftssinn trotz aller Unterschiede der Szene: Das war und ist Black Tigers Devise.
Schwer zu sagen, was Basel und der Basler Rap ohne Black Tiger wären.
Drittes Solo-Album verworfen
Andererseits ist Black Tiger natürlich der Rap-Solo-Künstler, mit über 1 000 Konzerten in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien, Tschechien und Südafrika – und Black Tiger (oder Urs Baur) ist ein Zweifler an sich selbst. Beton Melancholie hiess sein zweites Solo-Album. Daraus die ersten Lines aus «Zwei Wälte feat. Apache»:
«Lady, du ghörsch zu de obre Zähtuusig
Ich hör dr ganz Oobe numme Rapmusig
Du traisch e Nerz und e Uhr vo dim Papi
Ich trag zu mehr Kultur in däre Stadt bi.»
Fast zehn Jahre sind seit seinem letzten Album Tigerony (mit MC Rony) vergangen und ein angekündigtes, eigentlich schon fertig produziertes drittes Solo-Album hat er mehrfach wieder verworfen. «Als Künstler in meinem Alter stehe ich vor einem Problem», verriet Black Tiger der bz Basel), «Versuche ich, was Neues auszuprobieren, stehe ich im Verdacht, meinen eigenen Stil, meine Wurzeln zu verraten. Klinge ich umgekehrt wie 1992, heisst es: ‚Der wieder mit seinem alten Käs’».
Der RFV Basel, der schon «1 City 1 Song» mit zwei RegioSoundCredit-Höchstbeiträgen (RSC) unterstützt hat und Black Tiger 2014 auch den Preis für sein Künstlerisches Schaffen des RSC zugesprochen hat, freut sich sehr über die verdiente Ehrung Urs Baurs alias Black Tiger durch den diesjährigen Anerkennungspreis des RFV Basel. Dies ist die Anerkennung von vielen – und sie kommt nicht zu spät, sondern zur richtigen Zeit:
Tiger, dä Pryys isch für Di!
Und Basel und der Rest freut sich auf dein neues Solo-Album.
Anerkennungspreis des RFV Basel
Über 20 Kultur- und Musikjournalisten aus Basel und der Schweiz haben in einem zweistufigen Nominierungsverfahren den Anerkennungspreis an Black Tiger bzw. Urs Baur vergeben. Der Preis wird seit 2014 vom RFV Basel verliehen, und zwar an eine Musikerin/einen Musiker, die/der
- seit mindestens 25 Jahren kontinuierlich musikalisch arbeitet (alle Stile der Popmusik),
- hohe künstlerische Qualität und grosse Relevanz für die regionale Szene ausweist,
- heute noch stark präsent ist und mit Auftritten und Veröffentlichungen in Erscheinung tritt.
Bisherige Preisträger sind Black Tiger (2016), Pink Pedrazzi (2015) und Roli Frei (2014).