Congaking – Eden: Komm, machen wir uns was vor!

Reviews

Willkommen in der gepflegten und hinterfotzigen Welt des Congakings. Eden heisst das neueste Werk der Mannen um Bandleader Sämi Schneider Jr. und es weht daraus eine freundlich-relaxte Prise Sommerwind durch den halb offen stehenden Lieferanteneingang in die Clubs der Stadt. Oder über die Bordsteinkanten am Rheinufer. Oder durch die biodiversitären Blumenwiesen des Mittellands. Einfach überall, wo jemand ist, der grad nichts Wichtiges zu tun hat.

Album Review

Schön ist das Wiedersehen mit Eden – schön wie schon 2012, als sich der Congaking nach elfjähriger Absenz mit dem Album Montevideo zurückmeldete. Der King packt es einfach immer wieder, Sehnsüchte und Befindlichkeiten in Worte und Melodien zu packen. Montevideo klingt doch besser als Albisgüetli und Eden klingt besser als Bier, ausser in Verbindung mit Garten.

Dabei erzählt der Congaking in lupenreinem Hochdeutsch die Geschichten des Alltags, der Ungereimtheiten, Irrtümer und Verirrungen. Das ist nicht schelmisch, das ist klug. Der stoische Optimist mit der melancholischen Ader, also eine Art germanisiertes Vorläufermodell des momentan recht erfolgreichen Sanggallers Manuel Stahlberger. Und – mit Verlaub – «Keiner hat mich gern» auf der letzten Congaking-CD Montevideo war ein dufte Hit für die ambitionierte Pop-Gemeinde. Geworden ist daraus ... nichts. Leider. Wir sind hier nicht in Deutschland, Baby.

Herr Müller und der Mond

Die Geschichten sind aus einem ähnlichen Holz, aus dem auch die Geschichten des Schaffhauser Sing&Gitarren-Poeten Guz oder des Berliner Melancholikers Fanny van Dannen geschnitzt sind. Beim Congaking glänzt der fertig geschnitzte Song aber wie ein edles Mahagony-Teil und sieht nicht aus wie ein von Hunden vollgepisster Baumstamm in Berlin-Kreuzberg.

Nur das Cover der Eden-CD lässt einen doch kurz stutzen, aber das klären wir dann später.

Congaking © 2014
Congaking © 2014

Die Musik auf dem neuen Album, Eden, eben, hüpft locker in der Hüfte und schnippt lässig mit den Fingern. Jemand hat die Musik einmal Cocktail-Lounge-Jazz genannt, aber das ist nur die halbe Seite. Latin-Sounds werden vom Congaking genauso gern und stilsicher genommen wie Chanson und Elektro.

Im Song «Rosenmondtag» passiert es, dass der Mond am Tag am Himmel steht und die Welt untergeht und Herr Müller nichts mehr versteht, während die Nasa hochfliegt und der Papst sich einmischt. Ein herrlich absurder, hintersinniger Song.

«Babette» entführt uns nach Paris, wo die Frauen einfach schöner und cooler sind und rauchen, was das Zeug hält (so will es das Klischée, also ist es auch so).

Mit John Lennon im Garten Eden

«Eden» dann, der Titelsong, ist eine süsse oder auch bittere Hymne auf den Ort, den es natürlich nicht gibt, den Garten Eden. Wer bitte, glaubt schon an den Garten Eden? - - Und was ist, wenn niemand an ihn glaubt, und es gibt ihn tatsächlich noch? Schön dumm gelaufen wär das!

Also: Komm, machen wir uns was vor! Es gibt Eden.

Der Song säuselt und plötzlich schlauft die Band «Blinded By The Light» ein und für fünfzehn Sekunden sind wir zu Gast bei Manfred Mann’s Earth Band in den flauschigen Siebzigern (bzw. beim tatsächlicher Schreiber des Songs, Bruce «The Boss» Springsteen) und das ist schon sehr toll gemacht und hinterfotzig zugleich.

Und dann tanzen alle beschwingt in den Garten Eden, «wir lassens uns gut gehen, wir lassen alles stehen, auch alle anderen kommen her, John Lennon ist auch mit am Start», singt der Congaking. Viele andere sind ebenfalls da: Elvis Costello, Dolly Parton, Grant Hart von Hüsker Dü, Mark Twain, Manfred Mann, Robert Walser, die grosse Mae West, Bananarama, der grosse Basler Künstler Dieter Roth und ... «sie spielen mit uns ins Abendrot.». Moment mal – sind die nicht fast alle tot? Ist Eden doch Zombie-Land?

Aufgenommen hat das Album Thomas Rechberger von den Lovebugs in den Alterna-Studios in Basel, was einen klaren, transparenten Klang zum schönen Resultat hat. Das Mastering kommt von Züri Wests Soundchef Oli Bösch und damit geht sowieso nichts schief. Insgesamt, ein prächtiges Produkt, das der Congaking uns beschert.

Und übrigens: Das mit dem Cover der CD klären wir nicht. Das war nur so dahergeredet.

Congaking – Eden (Cover)
Congaking – Eden (Cover)

Congaking – Eden

(Baldo Records/Irascible) ist am 9. Mai 2014 als CD und digital erschienen.

Congaking sind: Sämi Schneider (voc, git), Lukas Ritz (voc, key), Michael Müller (bs) und Martin R. Graf (dr).