Thorne: And The Lion’s Roaring From My Chest: Zeitlose Grösse
Als The Greatest überzeugten Nadja Vogt und Chris Weber vor drei Jahren mit subtilen Pop-Perlen. Als Thorne musizieren sie nun fordernder und lauter und präsentieren sich damit auf Augenhöhe mit den grossen SongwriterInnen der Rockmusik. RFV-Kritiker Reto Aschwanden verbeugt sich.
Reto Aschwanden
And The Lion’s Roaring From My Chest – das ist mal ein Titel. Klingt kraftvoll und – weil ein «And» vorangestellt ist – auch nach Poesie. Das passt zu diesen zehn Songs, die gefühlvoll zupacken.
Thorne heisst die Basler Band und ist neu, zumindest fast. Hinter dem Namen stecken die Sängerin und Pianistin Nadja Vogt (Bild unten) und Multiinstrumentalist Chris Weber (Featherlike). Das Duo verantwortete schon das Projekt The Greatest, das 2011 mit Amid The Hours ein überzeugende Debut vorlegte. «Das Album versammelt elf Lieder von unscheinbarer Schönheit, die fordern, was sie belohnen: Hinhören», schrieben wir damals.
Hymnen und Aufruhr
Seither hat sich nicht nur der Bandname geändert sondern auch die Musik. Klangen die Lieder ehedem eher gedämpft, fast kammermusikalisch, «roaren» Thorne nun vernehmlicher. Der keltisch angehauchte Opener «Onshore» schleicht sich zwar noch leise an. Doch dann fährt «The Parade» drein: Das Piano setzt den Ton, bevor die ganze Band einsteigt und die Melodien in einen hymnischen Refrain trägt, der klingt wie ein vergessener Hit der amerikanischen Ausnahme-Musikerin Cat Power.
«Five String Riot» trägt den Aufruhr nicht nur im Titel sondern macht auch musikalisch vorwärts: Die Gitarren auf Rock gebürstet, die Drums (am Schlagzeug: Chris Filter) durchgeklopft und nach drei Minuten ist klar, dass hier die gleichen Leute wie bei The Greatest eine ganz andere Band bilden. Schroff und konfrontativ gibt sich auch «War», das wie andere Stücke schon im Titel verrät, wie man sich den Song vorzustellen hat.
Trat Chris Weber beim Vorgänger-Duo The Greatest noch vereinzelt als Leadsänger auf, ist er hier nur gelegentlich als zweite Stimme zu hören. Die Stimme von Thorne ist Nadja Vogt, die auch als Autorin sämtlicher Lieder zeichnet. Sie komponiert traditionell und Weber als Produzent kleidet die knapp gehaltenen Songs (zehn in 35 Minuten) in Arrangements aus Schlagzeug, Bass, Gitarren, Keyboards und da und dort ein paar Streichern, die man nach persönlichem Gusto etwas altmodisch oder zeitlos finden kann.
Betörung aus der Distanz
Nehmen wir «March», eine Art Powerballade, die den Höhepunkt des Albums bildet. Das Piano setzt den Ton, dann kommen die Drums mit Wucht und irgendwann gibt’s sogar ein kurzes Schweinerock-Gitarrensolo. Unwiderstehlich aber wird das Lied durch Vogts Vortrag, der das Lied in Regionen trägt, wo die grossen Stücke von Chrissie Hynde (The Pretenders) und Aimee Mann anzusiedeln sind.
Das Geheimnis von Thorne liegt im Gesang. Nadja Vogt singt verbindlich aber unaufdringlich. Ihre Stimme betört, wahrt aber Abstand. Die Stimmung ist geprägt von Melancholie, aber frei von Gejammer. Exemplarisch dafür das abschliessende «Phoenix». Begleitet von Klavier und Cello spricht die Basler Musikerin und Sängerin einem Gegenüber Mut zu und verspricht Unterstützung. Leider kann der Berichterstatter nicht verstehen was nach «And I’ll stand up for your …» folgt, aber eines ist klar: Unsereiner steht auf, um sich vor Thorne zu verbeugen.
Thorne – And The Lion’ Roaring From My Chest
(Danger Street Records/Nation Music) ist am 21. November 2014 als CD und digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit erschienen.