Krime – Krime Time: Music & Stories für die Homies

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Krime © 2017
Krime © 2017

Eines ist klar: Kein anderes Musikgenre geniesst in Basel einen vergleichbaren Zusammenhalt wie die klassische Street-Rap- und HipHop-Szene. Seit Jahren schon erscheint Release auf Release aus einer Entourage, die so überschaubar wie auch vielfältig ist. Die Rede ist vom Basler «Rap-Daig» rund um den Producer und Beatmaker Jakebeatz, der alten Garde rund um Black Tiger und Griot, der jungen Garde rund um S-Hot und Levo Rimed, den female Allstars rund um die Vybezbilder und natürlich den Jungs von K.W.A.T. (Köpf Wo Anderscht Tikke).

Album Review / RegioSoundCredit

Mit dem Album Elf von Rapreflex, Balônce von Kush Karisma, 4057 von Levo Rimed, A Lo Hecho Pecho von La Nefera und Rohkost von Pyro wurde in den letzten Monaten für bereits einige von ihnen die Bühne frei gemacht. Und jetzt heisst es: Krime Time!

Ghetto oder nicht – Herkunft prägt

Krime – ein Akteur in dieser Szene, der weder der ganz alten noch der ganz jungen Garde zuzuordnen ist – verarbeitet auf seinem 19 Tracks starken Solo-Album (CD, digital = 17 Tracks) unter anderem die alltäglichen Geschichten und Probleme im Leben eines 34-jährigen Mannes (und Rappers) in der Schweiz. «Digge, Mann, ich weiss es goht uns guet in dr Schwyz; trotzdäm seht me viel Jungi voll mit Wuet in sich drin» heisst es zum Beispiel im Track «Mach Dis Ding» (feat. Luuk & Mely y Maria). «Das ewige Dreihe im Kreis macht au müed, deshalb blyb y au immer wie 18 im Kopf» singt Krime in «Hustle Hustle Hustle» (feat. Griot) mit Autotune über einen Trap-Beat. Und im Track «Jää Jäääääää» gibt er zu: «Nei ich kumm nit us em Ghetto, doch die Gegend het mich prägt.»

Drei von vielen Statements auf dieser Scheibe, welche die Gedanken rund um den Wandel vom sorgenfreien Jugendlichen zum verantwortungsbewussten Erwachsenen illustrieren und sich gleichzeitig mit dem Paradox auseinandersetzen, in einem der reichsten Länder der Welt Existenzängste zu haben. Solch philosophische Passagen finden sich auch (um nur einige zu nennen) in Tracks wie «21 Gramm», wo Krime sich fragt, was nach seinem Tod geschehen würde, oder in «Puzzle», in dem er beschreibt, wie einzelne Handlungen im Leben jedes Menschen am Schluss ein gesamtes, einzigartiges Bild ergeben.

Aber Krime kann auch anders. Auf dem Album Krime Time finden wir neben der dominierenden, ernsten Thematik der alltäglichen und allumfassenden Ups und Downs im Leben auch zahlreiche Battle-Nummern (z.B. «What's my name» feat. Smoky), cleverer Wortwitz («Übertribe high wie'ne Komatrinker; Überall dehei so wie Roma-Kinder», («Sackgass Highway») – und in praktisch jedem Track mindestens eine Passage zum Thema Kiffen.

Solche humorvollen Abzweigungen lockern das Hörerlebnis regelmässig auf, machen es süffiger. Krime zeichnet so ein sehr vielfältiges und humanes Bild von sich: Vieles in seinem Leben ist ernst (geworden), aber irgendwo im Kern ist Krime eben doch einfach ein lieber Kerl, der sich gerne mit seinen Leuten trifft und Doobies raucht.

Krime © 2017
Krime © 2017

Music 4 my people

Das Album ist also ein wenig wie eine Autobiografie als Hörbuch. Krime erzählt auf eine unterhaltsame Art sehr persönliche Dinge aus seinem Leben, das keineswegs zu den aufregendsten der Welt gehört – aber genau das macht es aus. Seine kompromisslose Ehrlichkeit und Liebe fürs Detail beim Erzählen seiner Story haben den Effekt, dass man sich sehr gut in ihn reinfühlen kann und viele Parallelen zum eigenen Leben entdeckt. Zumindest wenn man selbst ein nicht mehr ganz junger Mann in der Schweiz ist.

Heisst: Krime Time ist kein Album für die grosse Masse, kein Album, das den grossen Sprung in die Charts schaffen wird, sondern eines für Basel, eins für die Entourage. «Music 4 my people» wie es auf Krimes Sonnenbrille auf der Innenseite des CD-Covers geschrieben steht.

All hail to the Jake
Zum Schluss muss unbedingt erwähnt werden, dass die Vielfalt und Qualität auf diesem Album auch einem anderen Akteur zu verdanken ist: the one and only Thomas «Jakebeatz» Hof. Auf Krime Time vereint er klassische HipHop-Beats, die man der alten Schule zuordnen würde, gekonnt mit aggressiven Battle-Beats, schwebenden funky und jazzy Beats und modernem Trap mit Autotune.

Die Thematik der einzelnen Tracks wird nicht nur von Jakes Beats getragen, sondern ergänzt. Sie verleihen den Texten eine Melodie, eine Seele, letztendlich eine ganz eigene Identität. Daraus lässt sich schliessen, dass er wieder mal gute Arbeit geleistet hat und, dass sich eine Entourage auszahlt. So eine hörbar gelungene Zusammenarbeit wäre wahrscheinlich nicht möglich gewesen, wenn diese Jungs nicht auch Homeboys in real life wären.

Für mich persönlich ist Krime Time ein weiterer Beweis für die Genialität von HipHop: Was in den 1970er-Jahren als Sprachrohr für junge, unterdrückte Afro-Amerikaner in der Bronx begann, ist rund 40 Jahre später das Sprachrohr verschiedenster Menschen und Kulturen. Eben auch eins für kaukasische 34-jährige Männer in der Schweiz.

Krime – Krime Time (Cover)
Krime – Krime Time (Cover)

Krime – Krime Time

«Krime Time» (PW Records, K.W.A.T.) ist am 27. Oktober 2017 als CD und digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit erschienen. Digital über die üblichen Kanäle, als CD bei 4 Elements Basel und bei Cede.ch erhältlich.

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