Neo Noire – Element: So spannend wie spektakulär
Der Name ist neu – die Mannen hinter Neo Noire sind aber bereits geschichtsträchtig. Denn die Mitglieder des prominent besetzten Quartetts sind für diverse facettenreiche, faszinierende und durchaus härtere Kapitel der Basler Rockgeschichte verantwortlich: Die Rede ist von Frederyk Rotter (Zatokrev, Crown, The Leaving, Czar Of Crickets), Thomas Baumgartner (Undergod, Gurd, Erotic Jesus), David Burger (Slag In Cullet, Confuzed, Reelmusic/Radicalis) und Franky Kalwies (Disgroove).
Michael Gasser
Anfangs 2015 beschlossen Rotter und Baumgartner, deren Wege sich 2001 bereits bei Undergod gekreuzt hatten, ein gemeinsames Projekt anzustossen. Zunächst gingen die beiden für ein halbes Jahr in Songwriting-Klausur. Dies nicht zuletzt, um auch an ersten Pre-Productions und der musikalischen Vision zu tüfteln. Danach suchte und – noch wichtiger – fand man in David Burger (dr) und Franky Kalwies (bs) die geeigneten Mitstreiter.
Hybrid Rock mit Schlenkern
Jetzt liegt das Resultat der gemeinsamen Anstrengungen vor: das Debutalbum Element. Acht Songs, 53 Minuten lang. Das von Baumgartner produzierte Werk startet mit «Walkers», der ersten Single, die elastisch, düster und ausufernd anmutet. Das Stück kündet von Dämonen ringsherum und verlässt sich insbesondere auf klagende Gitarren, gepressten Gesang und einen guten Anteil an Bombast.
Ihren Sound betiteln Neo Noire als Hybrid Rock und sehen ihn in der Schnittmenge zwischen 90er-Bands wie Jane’s Addiction, Soundgarden oder Smashing Pumpkins. «Allerdings furios in die Gegenwart transformiert und ohne überflüssigen Pomp und Pathos», wie im Neo-Noire-Profil auf mx3 zu lesen ist.
Während «Home» gemächlich, aber bedrohlich beginnt und alsbald in Richtung stolzem Gitarrensound aufbricht, präsentiert sich der Titeltrack mit seinen agilen Riffs minimal luftiger, aber auch voller aufwallender Gefühle. Neo Noire geben sich nie mit kurzen Antworten und naheliegenden Lösungen zufrieden, stattdessen streben sie nach neuen Routen und ebenso spannenden wie spektakulären Schlenkern.
Zwei Support Shows für Suicidal Tendencies
In «Spark» begegnen sich sogar Blues und Progressive Rock, allerdings nur kurz, denn: Vorzugsweise verschmelzen Neo Noire Alternative mit Post Rock und Einflüssen aus Psychedelic und Metal. Dabei resultiert intensive Musik, die frisch und doch schweisstreibend ist. Die Rhythmen sind knackig, die Melodien eindringlich und die Spielfreude derart eklatant, dass sich diese flugs auf den Hörer überträgt.
Nebst den erwähnten Songs gilt es insbesondere, auch den Elfminüter «Infinite Secrets» zu erwähnen. Dieser Song schliesst die Platte ab und tut das in eindrücklicher Manier: Neo Noire präsentieren sich agil, kompromisslos, vielseitig und neugierig. So sehr, dass man es kaum erwarten mag, den Song live vorgesetzt zu bekommen. Zu diesem Schluss scheinen auch bereits die ersten Booker zu kommen: Neo Noire ist für Juni als Vorband der US-Hardcore-Punker Suicidal Tendencies verpflichtet worden – für zwei Gigs in Deutschland. Das ehrt nicht bloss, sondern ist auch eine verdiente Erfolgsmeldung.
Neo Noire – Element
(Czar Of Revelations, Czar Of Cricktes Productions) erscheint am 5. Mai 2017 als CD, LP und digital mit einem Beitrag des RegioSoundCredit.