Quintessenz – Ellipsis: So leicht, so catchy, so cool, so wow

Reviews
Quintessenz © 2017
Quintessenz © 2017

Ziemlich lässig der Sound, der da aus den Boxen pluckert: Ist das die Stimme von Jamiroquai minus Funk & Disco? Ist es Chris Isaak im «Blue Hotel»? Ist es Luke von den Kooks?

Album Review

Nein, es sind Quintessenz mit Sänger Andrin Haag und ihrem neuen Song «Balloon». So gelassen, so elegant und mondän hat lange niemand mehr zu uns gesungen, und der Verdacht, dass da noch einiges mehr geht, wäre leicht zu begründen.

Machen wir aber nicht. Sondern hören einfach zu, lassen die Finger schnippen und werfen Steinchen in den Fluss, und Steine, und dann uns selber. «But I don’t really care» heisst es im Song und da singt man fast schon mit, während die präzise, unaufgeregte Rhythmusfraktion ihren Job macht.

Basels Newcomer der Stunde

Quintessenz also, 2015 erst gegründet zwischen Basel und dem Leimental. Sie haben kürzlich den Newcomer-Slot am Basler BScene Clubfestival 2017 reingeholt, traten an der RFV-DemoClinic an (mit dem falschen Song), spielten letzten Sommer den Newcomer-Slot am Imagine Festival Basel und stehen im Moment im Halbfinal des Emergenza Bandcontest (23.4. Exil Zürich).

Und jetzt veröffentlichen die vier ihre zweite EP, Ellipsis mit Namen. Ob das geometrisch oder linguistisch gemeint ist, lassen wir mal offen, denn die Richtung des Quartetts ist ein dicker Pfeil nach oben. Es geht was, die Aggregate laufen auf Hochtouren. Erstaunlich ist, dass nach dem Bildungsreise-Abgang von Leadsängerin Fadila Zaouer Anfang 2016 der aktuelle Leadsänger Andrin Haag gerade mal seit einem Jahr den Job macht. Big wow.

Sie zaubern auf ihrer neuen EP sehr selbstsicher eine ziemlich ausgekochte Sound-Landschaft zwischen die Ohren. Riecht nach Dancefloor, riecht nach Ferne und Nähe und ewiger Jugend, riecht nach Cool Britannia direkt am Rhein. Riecht nach Blumen.

Dabei bringen die vier viel Keyboard-Sounds, einen tight rollenden Bass, coole Drums, dezente Gitarrenarbeit, aber auch ein längst vergessenes No-go der Popmusik auf den Tisch: das Saxophon. Ok, kann man machen, lassen wir so stehen. Auf der anderen Seite überrascht die Band mit dem Blech-Percussion-Instrument namens Hang, das einer fliegenden Untertasse nach der Kollission mit einem Meteoriten ähnelt. Aber viel besser klingt.

Die junge Band wechselt gekonnt zwischen ungezwungenen treibenden Popsongs und melancholischen, fast schon abgründigen Songs; wie etwa im neuen Musikvideo «Offshore» (Video of the week, und da kommt dann auch der Albumtitel Ellipsis drin vor). In «Sirens» (unten hören) ist die Stimmung beinahe meditativ, bevor der Beat dann doch noch aus dem Schlafzimmer rauskommt, fertig angezogen, Zähne geputzt, die Autoschlüssel in der Hand, let’s go.

Quintessenz © 2017
Quintessenz © 2017

Cool, etwas verschwitzt und ungekünstelt

Dass beide Versionen des Songwritings (und Performens) so leicht und elegant aufgehen, ist sicher das Überraschende und Überzeugende an dieser Band, die nichts versucht, was sie nicht kann. Und ohne jede sichtbare Anstrengung einen faszinierend eigenen Soundkörper liefert. Die Lyrics sind catchy und ziemlich clever. «I need to change some more» heisst es im Opener «Why Would I Care». Ne, finden wir nicht. Wir wollen auch mal Aufbruch ohne Abbruch, und so klingt er. Cool, etwas verschwitzt und ungekünstelt.

Wenn die Band mit dem etwas sperrigen Namen sich irgendwann das ganz grosse Thema vornimmt – Lovesong nämlich – wird das vermutlich sehr gross klingen und die Älteren unter uns werden sich eventuell an Frankie Goes To Hollywood erinnern, diesem opulenten, bezaubernden Bombast der 80er, der dringend einer Auffrischung bedürfte. Oder gleich einem kompletten Wiederaufbau. Doch wir schweifen ab ... das ist ja immer so hier.

Aber nein, das wars schon.
Holt euch Ellipsis von Quintessenz, geht an die Konzerte und wer mag, kann sich ein paar Blumen ins Haar stecken. Plastik oder echte, überlasse ich euch. Feiert den Frühling, feiert das Leben. Das Orchester steht bereit.

Quintessenz – Ellipsis (Cover)
Quintessenz – Ellipsis (Cover)

«Ellipsis» (Eigentvertrieb) erscheint am 14. April 2017 digital.

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