Guy Mandon – GIF X: GIF the people what they want!
Der Mundart-Electro-Pop-Eklektizist und Low-Tech-Forscher Guy Mandon legt ein Album zu Ehren des Minisequenzanimationsformats GIF vor. Fazit vorab: Macht genauso viel Spass wie GIF schauen, klingt aber besser.
Doktor Fisch
Eine Frage: Bewegen sich Songs eigentlich?
Nicht im Sinne von tanzen und schwitzen, sondern eher räumlich, von A nach B und zurück zum Beispiel. Also so ähnlich wie ein GIF, das die immergleiche Kürzestbewegung ins Endlose loopt. Aber am Ende doch nicht vorwärts kommt und auch stumm ist.
Für den Dancefloor werden Sounds ja eher geschichtet, also nach und nach aufgebaut und übereinander verschraubt, was dauern kann, dafür aber Spannung, Flughöhe und Raum schafft und damit unserem Körper und Geist etwas Sinnvolles zu tun gibt für die Nächte am Wochenende. GIFs jedoch drehen sich immer nur um sich selber, sie simulieren die Bewegung nur, aber eigentlich sind sie Gefangene, no way out. GIFs sind eine Illusion, aber eine lustige.
GIFs sind grafische Spielereien, im Neandertalzeitalter des Computers erfunden und von manchen als total scharf und von anderen als total schlaff befunden. Die aber doch jeden Tag millionenfach in der digitalen Wolke aufploppen. GIFs werden nie aussterben. Und Songs bewegen sich wohl eher auch nicht wirklich. Ausser eben, Guy Mandon schraubt am GIF so lange rum, bis ein Song dabei rauskommt, oder gleich zehn. So, das war jetzt eine lange Einführung, könnt ihr gerne überlesen, und nun gehts los mit Guy Mandons Musik zum Thema.
10 Tracks, 10 Emotionen, von Liebe bis dumm
Guy Mandon, begnadeter Beobachter und kunstvoller Aufpimper der eher drögen, artigen Pop-Realität des Landes, überführt das Kultobjekt GIF als klingende Vignetten in sein neues Konzeptalbum namens GIF X. Schüchtern bis schmachtend in Mundart gesungen wird hier nur selten (sonst sein unverkennbares Markenzeichen seit dem Debütalbum Stream), dafür bringt er Vocal Samples zum Einsatz, die sich schnell im Mitsummbeutel festkrallen.
Logisch, dass der Meister seine Tracks eher kurz hält. Wer will schon acht Minuten die gleiche GIF-Schlaufe anstarren? «GIF_00 Suspicious» eröffnet das Album mit weirdem Funk in zwei Minuten, bevor das Pop-Lieblingsthema Love die Regler übernimmt («GIF_01 Love»). Das ist sehr charmant verspielt und auch angetippt housig deep, etwa das Vocal Sample von «my heart goes boom boom boom» (Video dazu unten). Neben Elektronikinstrumenten kommen hier auch ganz ungiffige Sachen wie Perkussion oder Gitarre zum Einsatz: Michael Boner (git) und Luca Glausen [dr, perc) heissen die Gastmusiker in diesem Track.
Einmal um den Pool rum zum Sandstrand
In «GIF_02 Hate» hat der knarzig-harte Funk seinen Auftritt, um gleich vom enorm stimmigen Track «GIF_03 Sunset» wieder neutralisiert zu werden: Fenster auf! Der vierte Track «Transport» schafft es mit seinem Refrain «I know some people who don’t like to walk» und den munteren Soundeffekten schnell, zwischen den Ohren hängen zu bleiben. Von «GIF_04 Transport» gibts am Schluss der Platte tatsächlich eine Extended Version von sage und schreibe 3:45 Minuten Länge.
«GIF_05 Flood» schielt in die Disco, derweil der nächste Track «GIF_06 Pool» den kühlen Drink um denselben herum in den Schatten trägt, wobei Guy Mandon hier endlich auch mal singt, wie auch im nächsten Track «GIF_07 Beach»: taugt ganz sicher – o playa! – für den Sommerhit 2020, falls der Sommer von der WHO nicht auch noch abgesagt wird.
Nach «GIF_08 Silly» und «GIF_09 Bye» folgen ein paar Extended Edits – und dann ist das GIF-Karussell aus dem Hause Mandon schon wieder fertig.
To make a short story even shorter: GIF X ist ein Wurf voller prickelnder Sounds in zehn verschiedenen Stimmungen, zu denen das Gehirn natürlich sofort die passenden GIFs zu suchen beginnt, zwischen «Pulp Fiction»,«Big Lebowski», dem «Terminator Smile», der unvermeidlichen Katze, einem ausgelassenem Beach-Feeling und natürlich dem allerherzigsten Jö!-Effekt.
GIF X: Ein Album zwischen Pop, Art, Beats, Knarz, Dekonstruktion und überbelichteten Schnappschüssen unter der Sonne, das seinem Erzeuger Guy Mandon sicherlich sehr viel Spass gemacht haben muss. Und uns jetzt auch.
In diesem Sinne: GIF the people what they want!
Guy Mandon – GIF X
(Radicalis Music) erscheint am 6. März 2020 digital und in einer Special Edition als USB-Stick (Preorder).
Live
09.04.20 Zürich, Radio gds.fm
10.04.20 Olten, Coq d'Or (mit Dachs)
11.04.20 Luzern, Radio 3Fach Live Session
23.04.20 Basel, Humbug
08.05.20 Schaffhausen, TapTab
19.06.20 Lichtensteig, Rathaus für Kultur
Aktuelle Live-Daten auf der Website der Band.
Die Tournee 2020 wird mit einem Beitrag des RegioSoundCredit des RFV Basel unterstützt.