Brainchild – Heartbreak Horizon: Popschmelz mit Köpfchen
Covid-19 hin oder her: Brainchild wollten endlich ihr Debütalbum Heartbreak Horizon veröffentlichen. Das ist mittlerweile geschehen und obschon das Quartett um Sänger Antonin Queloz noch zuwarten muss, bis es die Songs auch live aufführen darf, lässt sich jetzt schon mal in dessen Popsound schwelgen. Der Albumtitel ist nicht ohne Grund gewählt.
Michael Gasser
Weil er sich ein Gefäss für seine Songs wünschte, startete Antonin Queloz Ende 2016 kurzerhand das Projekt Brainchild. «Da ich noch nicht wusste, unter welchen Umständen und in welcher Form dies geschehen würde, erschien mir dieser Name – er steht für eine Idee respektive eine Erfindung – passend», so der Sänger, Songwriter und Pianist. Nicht mal zwei Jahre später setzte sich Brainchild bei der RFV-DemoClinic Analog im Frühling 2018 mit einem Song bei der Jury durch und gewann ein Coaching.
Unterdessen hat sich wenn nicht alles, dann doch einiges geklärt und Brainchild ist zur vierköpfigen Band herangereift.
Zur Formation gehören nebst Queloz heute auch Bassist David Blum (u.a. Don’t Kill The Beast), Gitarrist Daniel Messina und J.J. Love, der frühere Schlagzeuger und Perkussionist von Serafyn. «Unsere musikalischen Hintergründe sind genausoweit auseinander, dass es intensive Reibungen gibt, aber nahe genug, dass die gemeinsame Vision erreichbar ist», erklärt J.J. Love im Interview. Man habe nicht etwa als Verehrer eines Genres oder von spezifischen Idolen zusammengefunden, sondern sähe sich in erster Linie durch die Liebe zur Musik und all ihren Facetten verbunden.
Lockdown? Einfach raus damit!
Anfangs Februar 2021, mitten im neuerlichen Lockdown, ist nun das Debüt von Brainchild erschienen: Heartbreak Horizon. Laut J.J. Love habe sich Covid-19 dabei nur minimal auf den Fahrplan der Formation ausgewirkt. «Wir mussten nichts gross schieben, nahmen jedoch Rücksicht.» Als sich dann abgezeichnet habe, dass die Lage anhält, wollte man «einfach raus» mit dem Album. Auch auf die Gefahr hin, dass es noch ein Weilchen dauern könnte, bis man die Songs im Konzertrahmen endlich live zum Besten geben darf.
Wer Heartbreak Horizon auflegt, wird feststellen: Brainchild haben sich insbesondere dem gepflegten und gekonnten Pop verschrieben. Ihr Material hat viel Schmelz, mitunter einen nostalgischen Touch, was J.J. Love darauf zurückführt, dass die Musik von Brainchild nicht zuletzt von Liedermacher*innen der 70er- und 80er-Jahre inspiriert sei.
Ziemlich clever und frei von Hektik
«Neuland wird beschritten, wenn wir all unsere musikalischen Einflüsse neu kombinieren», sagt der Drummer, der auch schon für Evelinn Trouble oder Steiner & Madlaina im Einsatz gestanden ist. Während der Opener «Separate Ways» – eine Trennungsballade reinsten Tränenwassers – den Fokus ganz auf Queloz, seine dynamische Stimme und Gefühlslage legt, zeichnen sich die weiteren Songs insbesondere durch ihre durchdachten und überaus sorgfältigen Arrangements aus: «Heart Of Mine» setzt auf Falsett und klare Strukturen, «Just A Man» präsentiert sich im ebenso linden wie überzeugenden Bossa-Nova-Gewand und das verspielte «Proud» flirtet sachdienlich und erfolgreich mit frühlingshaften Indie-Pop.
Ziemlich clever das Ganze. Der Bandsound, der unter anderem von fein ziselierten Harmonien lebt, hat sich ein strikt wohl temperiertes Tempo auferlegt und ist frei von jeglicher Alltagshektik. Zu diesem Image passt auch, dass die Formation lieber Leerstellen lässt, als dick und mit übergrosser Kelle aufträgt. Das zeugt nicht nur von Mut, sondern ist auch ganz schön effektiv.
Lernen von Jamie Cullum
Dass er Rezensenten mit Nummern wie dem jazzigen «Unicorn» an den jungen Jamie Cullum erinnert, stört Queloz nicht, im Gegenteil freue ihn dieser Vergleich sogar. «Denn der Brite hat mir – ohne es zu wissen – gewissermassen das Singen beigebracht.»
Obschon das Debüt des Quartetts eben erst erschienen ist, lässt der Frontmann durchblicken, dass er schon genügend Material für eine nächste Platte zusammen hat. Und weil J.J. Love ergänzt, dass sich die Band zwischenmenschlich nochmals weiterentwickelt habe und nun weniger Worte in Anspruch nehmen müsse, um ihre Ideen zu beschreiben, darf man bereits gespannt sein, wohin die Musikreise von Brainchild noch führen wird.
Jetzt heisst es aber erst einmal, Heartbreak Horizon zu geniessen – das Resultat spricht für sich.
Brainchild – Heartbreak Horizon
(Orange Peel Records) ist am 5. Februar 2021 als LP und digital erschienen.
Brainchild sind: Antonin Queloz (voc, git, p), J.J. Love (dr), David Blum (bs, back voc) und Daniel Messina (git, back voc).
Brainchild live
21.05.2021 Basel, Kaserne (t.b.c.)