Neuhaus - "Dreaming with Wolves - Dancing with Bears" - Von der Klangreise zum Kopfkino

Reviews
Neuhaus © Gina Folly
Neuhaus © Gina Folly

Auch auf seiner dritten Soloveröffentlichung setzt Yves Neuhaus auf Geige sowie Kontrabass und kreiert Stimmungen und Harmonien, die smart und besänftigend wirken und zum Eintauchen laden.

Album Review

Yves Neuhaus ist eine beständige Seele: Seit 1997 gehört er ein- und derselben Band an. Allerdings hat diese über die Jahre immer wieder mal ihren Namen gewechselt: Erst war man bent, dann Whysome und seit 2010 ist die Truppe um Sänger Victor Hofstetter als The Amber Unit unterwegs.

Während das Quintett seinen Indie-Rock-Sound nach und nach gemildert hat, war und ist der Geiger und Multiinstrumentalist Yves Neuhaus zunehmend bestrebt, sein musikalisches Spektrum auch an anderer Stelle auszuleben: Seit 2013 pflegt er als Kontrabassist von Mistral den Nouvelle Chanson und mit seinem jüngsten Projekt hat er sich auf den Solopfad begeben – unter dem Namen Neuhaus. 2019 erschien seine EP «Scapes & Spaces, Volume 1», ein Jahr später folgte mit «Volume 2» der erste Longplayer. Beide Veröffentlichungen fokussierten auf einen atmosphärischen Instrumental-Sound, bei dem Geige und Kontrabass tonangebend sind, mit im Zentrum stehen jedoch auch offene Klangbilder, die an Soundtracks erinnern und bei der Hörerschaft sogleich ein Kopfkino in Gang bringen.

Musik als Prozess

Derweil bei The Amber Unit und bei Mistral immer die Songs inklusive Gesang, Text und Interaktionen der Musizierenden im Mittelpunkt stehen, interagiere er bei seinem Projekt Neuhaus nur mit sich selbst, seinen Ideen und technischen Möglichkeiten, erzählt der Musiklehrer und Chorleiter. «Ich entscheide, was musikalisch geschieht, wohin sich die Musik entwickelt und wie ich diese präsentiere.» Das Ganze sei ein Prozess, den er liebe und der noch längst nicht abgeschlossen ist. Eine Einschätzung, die von seinem neuen Album «Dreaming with Wolves – Dancing with Bears» weiter untermauert wird. Dessen neun Stücke bauen einmal mehr auf Geige und Kontrabass auf und ergänzen deren Sound mit Percussion, Beats und Bass-Synthesizer.

Verknüpfen von Klängen, Sounds und Beats

«Was mich nach wie vor interessiert, ist die Verknüpfung der beiden analogen Streichinstrumente aus Holz mit elektronischen Klängen, Sounds und Beats», betont Neuhaus. Vielleicht handle es sich beim Ganzen aber auch um eine musikalische Verschmelzung von klassischen Phrasen, Melodien und Ideen mit Mitteln der Pop- und elektronischen Musik, gibt der Künstler zu bedenken. «Nicht zu vergessen ist, dass meine Musik stets loopbasiert ist. Dies bringt einige Einschränkungen bezüglich Form und harmonische Verläufe mit sich

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Mal harmonisch, mal rhythmisch dicht

Was mitunter leichter ausgesprochen als imaginiert ist: Fakt ist, dass sich Songs wie «Mountain Atmos» sowohl den Raum als auch die Zeit nehmen, um sich zu entfalten und leise und heimlich auszudehnen: Die Geige schwebt über dem Sound, kehrt ihre melodiösen Seiten hervor und bewegt sich mit Bedacht über den sparsam gesetzten Kontrabass-Noten – es ist sanfte Musik, die ihre neoklassizistischen Seiten nie verbirgt und nicht darauf aus ist mitzureissen, sondern sich vielmehr zurückhaltend und erhaben zugleich präsentiert. «Danza» hingegen wirkt – wie bereits der Titel nahelegt – deutlich verspielter und entpuppt sich als munterer Reigen, der mit flirrenden Streichern und folkiger Melodie aufwartet. Weitere Tracks wie das von Kalimba, Percussion und Strings untermalte «Eos» oder das von zarter Sehnsucht und latenter Melancholie durchzogene «Sammes» erweisen sich als fein und klug gesponnene Introspektionen, die nicht etwa aufwühlen, sondern in sich selbst ruhen. Dass Neuhaus auch ganz anders kann, beweist er nicht zuletzt mit dem rhythmisch dichten und gleichwohl geschmeidigen «Chans».

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Inspiriert werde er von Klängen, Gefühlen, Bildern, Erlebnisse, Vorstellungen, Büchern, Geschichten und anderen mehr, hält Neuhaus fest. «Vieles passiert auch beim Spiel. Beispielsweise suche ich mit der Geige nach einem bestimmten Effekt und stosse auf ein passendes Pattern, das meiner Vision entspricht.» Sein Anliegen sei es, Musik zu kreieren, in welche das Publikum eintauchen kann. Was sich bei «Dreaming with Wolves – Dancing with Bears» bestens vorstellen lässt. Seine Musik vermag die Seele zu berühren, verliert sich aber nie in Belanglosigkeiten – vielmehr wird man vom 43-Jährigen auf eine Klangreise entführt, die ebenso abwechslungsreich wie überraschend und erfüllend ist.

Neuhaus - "Dreaming with Wolves - Dancing with Bears"
Neuhaus - "Dreaming with Wolves - Dancing with Bears"

Neuhaus: «Dreaming with Wolves – Dancing with Bears»
Das Album ist am 11.11.2022 bei Radicalis erschienen und ist auf der Website zu kaufen und überall zu streamen. Unterstützt wurde die Plattedurch den Regiosoundcredit 2021.

CD Verlosung
Das Musikbüro verlost 1 Exemplar der frischen CD.
Teilnehmen: E-Mail ans Musikbüro senden. Es wird keine Korrespondenz geführt.

Neuhaus

Neuhaus ©2024 zVg
Neuhaus ©2024 zVg
23/10/2024

Beiträge
3 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2021

About Michael Gasser

Hat seine Liebe zur Musik mal zu seinem Job gemacht und beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit Pop, Rock und Folk. Der frühere Surprise-Chefredaktor und Redaktionsleiter des Kulturmagazins «041» gehört heute dem Pressebüro Kohlenberg in Basel an, wo er mehrheitlich für Behörden und Unternehmen textet – ganz vom Musikjournalismus mag er aber nach wie vor nicht lassen.

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