Lost In Lona - Scared Like A Mother And Her Gun: Bittersüss vertonte Ehrlichkeit
Lost In Lona tauchen mit jedem Takt tiefer in ein Meer der Gefühle ein, sodass ihr Publikum einfach mitmachen muss. In den Wogen ihres Indie-Folk zu baden, ist eine Begegnung mit den eigenen Emotionen. Ihr Debütalbum überzeugt dank der originellen Spannungskurve und ihrem Mut, ihren Sound zu erweitern.
Shannon Hughes
Lost In Lona hat ein Herz: die Zusammenarbeit zwischen Lidia Beck und Konstantin Aebli. Seit ihren Jugendjahren machen die beiden gemeinsam Musik. Zur Freude aller Indie-Folk-Fans hat das Duo ihren Sound seither weiterentwickelt, ohne ihren ehrlichen Kern zu verlieren. Die Vertrautheit, die durch eine solche Beziehung entsteht, ist bei Lost in Lona kaum zu überhören. Ihre Musik hört sich oft wie der Soundtrack eines «Coming of Age»-Films an. Das ist gar nicht so überraschend, da sich die beiden im jungen Erwachsenenalter befinden und diese Lebensphase ganz natürlich ihren Weg in ihre Kunst findet.
Liebe, Ängste, Zweifel, Abschlüsse und Neuanfänge bilden die Thematik ihrer Songs. Seit 2021 veröffentlichen Lost in Lona Musik. Ihre erste Single «love letter» ist so roh, dass man sich beim Zuhören fühlt, als würde man ein Tagebuch lesen. Im November 2022 erblickte ihre Debüt-EP «Lost in Lona» das Licht der Musikwelt. Live sind Lost In Lona als vierköpfige Band zu sehen. Catherine Tang und Luca Glausen verstärken auf der Bühne Lidia Beck und Konstantin Aebli. Die Indie-Superstars Phoebe Bridgers und Big Thief zählen nun zu ihren Vorbildern – das spürt man auch in ihrem Sound, der immer mehr Ambitionen für ein grösseres Publikum entwickelt hat. In der Produktion bleibt sich das Duo aber weiterhin treu: Ihr Debütalbum «Scared Like A Mother And Her Gun» haben Beck und Aebli gemeinsam geschrieben, eingespielt und aufgenommen.
Ansteckende Verletzlichkeit
Den Banger des Albums liefern Lost in Lona mit dem zweiten Track «Lose It All». Der Track ist erfrischend und treibend, mit den schrummenden Gitarren und dem eingängigen Beat ist er der perfekte Alltags-Soundtrack. Er eignet sich wunderbar für einen Spaziergang mit unerwarteten Sonnenstrahlen oder eine Tramfahrt im Regen. Wenn man den Songtext hört, geht aus dem gut gelaunten Indie-Banger plötzlich eine bittersüsse Beobachtung hervor:
I watch you disappear like the sun in the evening / Like a spider on my ceiling / Like the words that I'm reading.
Lost In Lona - Lose It All (Livesession)
«Lose It All» klingt beim ersten Hören wie ein klassischer Breakup-Song. Tatsächlich dreht es sich aber um die Rolle von psychischer Gesundheit in Beziehungen. Das lyrische Ich beschreibt, wie das Gegenüber immer mehr in sich selbst verschwindet. Diese Verletzlichkeit, die erst nach mehrfachen Hören zugänglich wird, macht das Songwriting von Lost in Lona aus.
Bitteres Flehen
Liebeskummer bleibt ein grosses Motiv von Lost in Lona – nur gehen sie das Thema unglaublich ehrlich an. Der Song «Please Adore Me» sticht aber auf eine ganz besondere Weise direkt ins Herz. Im Kontext des Albums ist diese Nummer eher stripped down: es klingt, als würde man mit der akustischen Gitarre und der glasklaren Stimme von Lidia Beck in einem dunklen Raum sitzen. Damit wird «Please Adore Me» direkt zum Moment des Innehaltes und Durchatmens.
Lost In Lona - Please Adore Me
Eifersucht und Begehren sind die Gefühle, die in «Please Adore Me» besungen werden. Immer wieder wird mit fehlender Intimität und emotionaler Nähe gerungen. Gleichzeitig vergleicht sich das lyrische Ich immer wieder mit einer anderen Frau:I wish my shape looked more like hers. Damit machen Lost in Lona eine schmerzhafte Erfahrung von vielen Frauen* sichtbar. Das Tabu um den Vergleich mit anderen Frauen* oder ehemaligen Partner*innen in Liebesbeziehungen hält sich für viele noch stark. Gerade darum spricht dieser Song wohl vielen aus dem Herzen.
Über das Ende hinaus
Was «Scared Like A Mother And Her Gun» für mich ausmacht, ist die Kreativität in der Spannungskurve des Albums. Lost in Lonas Lieder drehen sich zwar um universelle Themen wie Beziehungen, Selbstreflektion und Heilung nach schwierigen Erfahrungen. Am Anfang von «Scared Like A Mother And Her Gun» steht Verlust im Zentrum, dann wandert die Thematik fliessend in Liebeskummer über. Die logische Fortsetzung davon ist das Neuerwachen, das Leben nach dem Schmerz. Dazu gibt es auch Lieder, etwa «Stronger Than You Think» oder «Pillow Song». Aber zum Schluss des Albums machen Lost in Lona die Angst, die sich durch alle ihre Songs durchzieht, zur Hauptakteurin.
Der Titeltrack bringt alles zusammen, was die Magie von Lost in Lona ausmacht. Ausschweifende Wortbilder, feine Melodien, die wachsende Anspannung und den tosenden Ausbruch der Band zum Schluss machen die facettenreiche Gefühlswelt des Liedes greifbar. Nach «Scared Like A Mother And Her Gun» ist man angekommen. Und das fühlt sich gut an.
Lost In Lona - Scared Like A Mother And Her Gun
Das Album ist am 25.10.24 erscheint bei Mouthwatering. Records. Zu kaufen gibt es die Platte zum Beispiel auf CeDe.ch und ist ansonsten Hörbar auf Streamingplattformen. Die Platte wurde unterstützt durch den RegioSoundCredit 2023/3.
Vinyl Verlosung
Wir verlosen ein Exemplar der Vinyl. Du kannst Hier teilnehmen
Live
- 7.11.24 Kaserne, Basel (Tickets)
- 30.11.24 Bierhübeli, Bern
About Shannon Hughes
Shannon Hughes ist Journalistin und Podcasterin aus Basel. Musik begleitet sie seit 1998 – sie kennt aber auch Tracks, die früher erschienen sind. Shannon ist in der Musikredaktion von Radio Kanal K und verantwortet die Kommunikation vom KIFF. Daneben schreibt sie Gedichte und komoderiert den feministischen Podcast FINTA*view.