Emilia Anastazja - «Everything I Want»: Persönlicher denn je!
Die Basler Songwriterin liefert auf ihrer neuen EP nach einer dreijährigen Pause wieder groovige Soul-Songs. Das pompöse Elektro-Pop-Kleid hat sie abgelegt – die vier neuen Kompositionen sind reduziert, authentisch und vor allem persönlich.
Jan Soder
Nach dem Debütalbum «Blue» (2019) und der EP «Flower House» (2021) meldet sich die Londoner Exilbaslerin Emilia Anastazja mit einer 6-Track EP zurück. «Everything I Want» beginnt rein akustisch mit Perkussion, Gitarre und Gesang. Der Fokus liegt klar auf ihrer Stimme.
Zwischen warmen, mehrstimmigen «Ooos» verpackt die Songwriterin im Opener «Fear» eher kryptische Textzeilen. Anastazja scheint einen Einblick in ihre Gedanken zu gewähren. Sie sind nicht perfekt geordnet und erzählen keine geradlinige Geschichte. Vielmehr vermitteln sie ein Bild ihrer Gefühle.
«I’m moving on, I’ve got nothing to lose»
scheint sie dem (vergangenen) romantischen Interesse – oder sich selbst – zu sagen.
«I’m not gonna be here anymore.»
Akustische Verletzlichkeit
Anastazja singt direkt und verletzlich. Die Stimme ist nahe an den Zuhörenden und nicht in Hall getränkt, wie es auf dem Debütalbum «Blue» teilweise der Fall war. Dadurch wirken ihre Worte umso persönlicher. Zusammen mit dem reduzierten akustischen Arrangement von «Fear» entsteht das Gefühl, die Künstlerin sässe direkt vor einem und performe das Stück ganz alleine.
Die Komposition wächst im Verlauf des ersten Songs mehr und mehr an. «Fear» nimmt die Zuhörenden in Empfang, führt in das neuste Kapitel von Emilia Anastazjas Schaffen ein und bereitet auf eine Reise vor, die einiges länger als vier Songs sein dürfte. Die reduzierte akustische Stimmung zieht sich beinahe durch die ganze Platte und bildet einen starken Kontrast zum Vorgänger-Werk von 2021.
Neuer alter Song
Der dritte Titel der EP ist eigentlich ein alter. «Mistaken Love» war bereits auf «Flower House» enthalten. Abgesehen von einigen Textzeilen haben die beiden Versionen jedoch wenig gemeinsam. Der Track von 2021 ist ein Pop-Song, verkleidet in eine ganze Welt an Synthesizer-Klängen. Die neue Version wirkt näher am Neo-Soul. Sie wird getragen von den elektronischen Drums und der darunterliegenden Gitarre. Das Arrangement ist reduzierter und lässt erneut mehr Raum für den Gesang und den Text.
Dennoch ist «Mistaken Love» der mutigste Titel der neuen EP. Der treibende, leicht abgehackte Beat, der sich durch den ganzen Song zieht, die zahlreichen Ad-Libs, die wiederkehrenden kurzen Gesangssoli und der Synth-Bass tragen zu einer vergleichsweise extravaganten Produktion bei, welche den Höhepunkt von «Everything I Want» markiert.
Emilia Anastazja - Everything I Want (Another Point of View)
Stimmiger Schluss
Mit dem Song «Good Thing» – dem einzigen, der nicht als Single vorab releast wurde – gibt sich Anastazja noch einmal intimer. Die akustischen lösen die elektronischen Instrumente ab – nun kommt sogar noch ein Streichorchester dazu – und bilden erneut eine groovende Grundlage für die Gesangsstimme. Im Text widmet sich die Songwriterin ein viertes Mal ihren (unglücklichen) Liebeserfahrungen. Bevor die Streichinstrumente im sanften Outro den Schlusspunkt setzen, lässt sie sich und die Zuhörenden wundern:
«Why does a good thing end?»
Emilia Anastazja - Fear
Die 6-Track EP ist am 27. September 2024 erschienen und überall Streambar. Die EP wurde durch den RegioSoundCredit 2023/1 unterstützt.
Emilia Anastazja
Beiträge
8 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2023
Residency | Resonate TransHelvetiQ | 2023
2 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger | 2020
5 000 CHF | RegioSoundCredit Tonträger, Musikvideo | 2018
About Jan Soder
Aufgewachsen in der Agglomeration, weckte früh die urbane Musikszene sein Interesse. Aus einem journalistischen Schulprojekt entstand 2021 der regionale Musikblog «bâlusique», dank welchem er auch zu seinem aktuellen Engagement bei BSounds auf Radio X kam, wo er regelmässig am Montagabend über die Neuheiten und Gewohnheiten der Basler Pop-Szene plaudert. Wenn er nicht gerade über Musik schreibt oder spricht, spielt er sie selbst in seinem Kämmerlein.